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Lehrtätigkeit und Lehrbücher

Obwohl mein Arbeitsvertrag eigene Lehrtätigkeit nicht vorsah, gestattete sie mir Hans Rothe erstmals zum Wintersemester 1980/81. Ich hatte Interesse am Kirchenslavischen bekundet, doch konnte ich den Kirchenslavischunterricht erst ein Jahr später zum Wintersemester 1981/82 übernehmen, nachdem mein Kollege Franz Schäfer aus dem Dienst ausgeschieden war. Da die wenigsten Studenten Kenntnisse in anderen alten indogermanischen Sprachen be­saßen, änderte ich die Unterrichtsmethode insofern, als ich den diachronen Aspekt zu­rück­stellte und das Kirchenslavische zunächst synchron unterrichtete. Die zweite Neuerung be­stand darin, dass ich statt der üblichen biblischen Lesetexte, die – weil damals die Bibel den meisten noch geläufig war – kaum Interesse wecken konnten, mit der Vita Constantini einen kulturhistorisch interessanten Text dem Unterricht zugrunde legte und ihn nicht nur unter sprachlichen, sondern auch unter kulturhistorischen Gesichtspunkten behandelte. Das jeweils zweite Semester hatte bisher das Russisch-Kirchenslavische zum Thema gehabt, hier er­wei­terte ich den Lektürekanon zunächst um altukrainische Texte, später auch mittel­bul­garische, altserbische und altkroatische. Aus dem Unterricht erwuchs dann allmählich ein Lehrbuch. Im Herbst 1988 lernte ich in Tutzing Peter Rehder kennen, dem ich es verdanke, dass mein Kirchen­slavisch­lehrbuch 1990 (Band I, vollständig neu überarbeitete 5. Auflage 2003) bzw. 1998 (Band II, vollständig neu überarbeitete und erweiterte Auflage 2014) in der von mir angestrebten preiswerten und für Studenten bezahlbaren Form erscheinen konnte. Abfallprodukte der Arbeit an den Kirchenslavischlehrbüchern waren diverse Aufsätze zum Kirchenslavischen, zum Glagolitischen, zur kyrillomethodianischen Zeit, zur Neuloka­lisie­rung Moravias nach Martin Eggers und zu den „russischen“ Buchstaben auf der Chersonesos.

Nach dem Erfolg der Kirchenslavischlehrbücher arbeitete ich seit Herbst 2005 an einer Ein­führung in das Griechische für Slavisten. Im Bereich der Paläoslavistik sind Griechisch­kennt­nisse unerlässlich, doch bringen die wenigsten Studierenden solche aus der Schule mit, und die zunehmende Verschulung an den Universitäten lässt ihnen auch immer weniger Freiräume, sich umfassend zu bilden. Hier sollte der Lernbehelf, der nach der Erprobung in den Win­tersemestern 2005/06 und 2006/07 im Sommer 2007 unter dem Titel Minima Graeca erschie­nen ist, Abhilfe schaffen. Von Lehrwerken des Altgriechischen unterscheidet sich das Buch durch die Textauswahl, die sich auf Werke beschränkt, die auch slavisch überliefert sind, von Lehrwerken zum Bibelgriechischen dadurch, dass nicht nur die Κοινή Berücksichtigung findet, andererseits aber der Bogen auch bis zum Neugriechischen im Gebrauch von Theologen (Καθαρεύουσα) gespannt wird.

Die Bestrebungen, Studienzeiten zu verkürzen und auf die neuen Bachelorstudiengänge um­zu­stellen, ließen es schließlich nicht länger zu, die traditionell in Bonn angebotenen Ein­führungen in die westslavischen bzw. in die südslavischen Sprachen durchzuführen, so dass ich im Wintersemester 2007/08 und erneut im Wintersemester 2008/09 beide Veranstaltungen zusammenfassend erstmals eine „Einführung in die Slavia Latina“ anbot. Daraus erwuchs im Frühjahr 2008 der Plan eines entsprechenden Lehrwerks, das ergänzend neben meine Lehr­bücher zum Kirchenslavischen und zum Griechischen treten sollte. Das umfangreiche Werk von über 800 Seiten ist im Februar 2012 erschienen.

Auf eine Anregung einer bulgarischen Studentin, die an meiner Veranstaltung zur Slavia Latina teilnahm und sich ein analoges Werk zur Slavia Orthodoxa wünschte, eingehend, begann ich danach mit der Arbeit an einem entsprechenden Lehrwerk. Es soll, da der zweite Kirchenslavischband der angesichts der heutigen Studiensituation kaum mehr studentische Leser finden dürfte, durch Reduzierung des Kirchenslavischen bei gleichzeitiger Erweiterung um die volkssprachlichen Literaturen der Slavia Orthodoxa (einschließlich des Altrumänischen, das sonst vernachlässigt wird) einen Lehrbehelf darstellen, der unter den heutigen Bedingungen im akademischen Unterricht eher Verwendung finden wird. Die Arbeit daran ist allerdings 2012 durch die Beschäftigung mit der Apokalypse des Paulus und anschließend 2013 durch die Vorbereitung einer völligen Neubearbeitung des Kirchenslavischlehrbuchs, Band II, ins Stocken geraten.

Im April 2014 schlug mir dann mein Kollege Zvonko Pandžić (Würzburg) vor, ein Kirchenslavischlehrbuch für Kroatien zu schreiben, das nun 2021 endlich erschienen ist. Es ist in drei Teile gegliedert: Teil I behandelt das Altkirchenslavische (entsprechend den ersten 13 Lektionen des ersten Bandes des deutschsprachigen Lehrbuchs, aber in glagolitischer Schrift), Teil II enthält Textbeispiele aus dem Altkirchenslavischen und jüngeren Redaktionen bis um 1200 in glagolitischer wie kyrillischer Schrift und Teil III glagolitische und kyrillische Texte aus dem kroatisch-bosnischen Raum bis in die Gegenwart. Erst danach würde ich mich wieder der Slavia Orthodoxa zuwenden können, allerdings ist der Bedarf an solch einem Werke in Deutschland heute zweifelhaft, so dass ich noch zögere. 

Auch die Arbeit an diesem Lehrbuch hat eine Unterbrechung erfahren, unter anderem dadurch, dass im September 2016 mein langjähriger Herausgeber Peter Rehder mir vorschlug, ein Kurzlehrbuch des Kirchenslavischen zu schreiben, das nichtsdestoweniger das Alt-, Mittel- und Neukirchenslavische umfassen sollte und für die aktuellen Bachelor- und Masterstudiengänge geeignet wäre. Diese Aufgabe habe ich übernommen und innerhalb eines Jahres solch ein Lehrbuch geschrieben, das Ende 2017 im Druck erschienen ist. Anders als meine früheren Lehrbücher setzt es elementare Russischkenntnisse voraus und beginnt mit dem Synodalkirchenslavischen (damit für Konvertiten zur Orthodoxie interessant) und schließt erst daran das Alt- und Mittelkirchenslavische an. Das fertige Buch setze ich seit dem Sommersemester 2018 im Kirchenslavischunterricht in Köln mit bisher gutem Erfolg ein.

Nebenprodukte, die sich aus der Arbeit an den Lehrbüchern ergab, waren Aufsätze zum Urkirchenslavischen, zum Wikipedia-Kirchenslavischen, zu den slavischen Buchstabennamen und zu möglichen Beziehungen der Glagolica zu euroasiatischen Kerbschriften.